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Goldene Abrissbirne 2020: Verlust des ehemaligen Verstärkeramtes in Kochel am See

18.12.2020

Die Goldene Abrissbirne des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V. wird in diesem Jahr erst­mals verliehen und geht in die bayerische Gemeinde Kochel am See: Dort steht – noch – der Torso des denkmalgeschützten ehemaligen Verstärker­amtes, an dem aber die Abriss­arbeiten begonnen haben.

Das ehemalige Verstärkeramt in Kochel am See ist ein bedeutendes Zeugnis der frühen Moderne in Bayern. Erbaut wurde es 1926–27 nach Entwurf von Robert Vorhölzer. Seit September 2018 ist es ein geschütztes Bau­denkmal. Doch das Denkmal steht Neu­bau­plänen der Gemeinde im Weg, die hier Wohnungen errichten will. Einmal mehr stellt sich die Frage, warum eine an sich be­grü­ßens­werte Weiter­ent­wicklung nicht vom Denkmal­bestand aus konzipiert wurde.

Das Objekt wurde im Juni 2020 in die Rote Liste des Ver­bandes Deutscher Kunst­­historiker auf­ge­nom­men. Ziele dieser Aufnahme waren einerseits die fachliche Würdigung des Denkmals, an­de­rer­seits die Würdigung und Unter­stützung für das bemerkens­werte bürger­schaftliche Engage­ment, das auch vor einer Petition an den Bayerischen Landtag und vor einer Popular­klage nicht zurückscheute. Zu diesem Zeit­punkt schienen Rettung und Weiter­nutzung des Denkmals immer noch möglich.

Doch haben alle Argumente und Diskussionen zugunsten des Denkmals am Ende nicht verhindern können, dass die Klage abge­wiesen wurde. Das Denkmal darf abgerissen werden. Ent­sprechend wurden im November 2020 bereits große Löcher in die Fassade geschlagen, die offenbar zu Vor­bereitung des voll­ständigen Abrisses dienen sollen.

Deswegen geht die Goldene Abrissbirne 2020 an das ehemalige Verstärker­amt in Kochel am See. Der Verband Deutscher Kunst­historiker bedauert den bald bevor­stehenden Total­verlust eines Gebäudes, dessen historische Bedeu­tung und Potentiale nicht als Chance erkannt wurden. Die Gemeinde Kochel am See wird über den ihr zuerkann­ten Preis informiert.

Hintergrund:
Im Dezember 2019 hat der Verband Deutscher Kunst­historiker sein Projekt Rote Liste – ein Denkmal­gewissen für Deutsch­land gestartet. Mit der Roten Liste will der Vorstand dazu beitragen, auf Denkmal­gefährdun­gen aller Art aufmerksam zu machen. Die Rote Liste will das Verständ­nis für die Objekte schärfen und Lösungs­wege aufzeigen. Wir sind über­zeugt, dass in allen Fällen zugunsten des Denkmals ent­schieden werden könnte. Die ausge­wählten Fall­bei­spiele sollen aufzeigen, wie aus Sicht des Verbands Deutscher Kunst­historiker Chancen vergeben werden und wie Kultur­erbe verloren­geht – aber auch, wie gelungene Beispiele von Denkmal­entwicklung aus­sehen und an welchen Orten durch zumeist bürger­schaft­li­ches Engage­ment oder ein konstruk­tives Mitein­an­der der lokalen Akteure Denk­mäler geret­tet werden. Jähr­lich wird ein beson­ders beklagens­werter Ver­lust eines Denkmals mit der Goldenen Abriss­birne ausge­zeichnet.

Kontakt:
Geschäftsstelle des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker e.V.