Düsseldorfer Gasbeleuchtung

Eintrag veröffentlicht am 06.11.2024

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Düsseldorfer Gasbeleuchtung
Landeshauptstadt Düsseldorf
In den Bezirken 01, 02, 03, 04, 05, 06, 07, 08, 09 mit etwa 14.000 Gasleuchten

Erbaut: ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Geschütztes Baudenkmal: ja, seit Herbst 2020

Status: Akute Gefährdung

Ungeachtet des Beschlusses des Düsseldorfer Stadtrates aus dem Jahr 2020 ist die langfristige Erhaltung der Mehrzahl der Gaslaternen akut gefährdet und sie sollen durch LED-betriebene Nachbauten ersetzt werden.

Unterstützung: Initiative Düsseldorfer Gaslicht, Aktionsgemeinschaft Düsseldorfer Heimat- und Bürgervereine e. V. (AGD), Düsseldorfer Jonges, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL), Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Einem bedeutenden Denkmal der Industrie- und Technikgeschichte droht der Abriss

Gerricusplatz, Foto: Thomas Becker

Die Gasbeleuchtung hat bis in die 1960er Jahre des 20. Jahrhunderts weltweit viele Städte geprägt. Diese für die industrielle Revolution entscheidende Technologie ist heute fast nirgendwo mehr anzutreffen. Die Düsseldorfer/-innen setzen sich bereits seit 2009 für den Erhalt ihrer Gaslaternen ein und gründeten im Jahr 2015 die „Initiative Düsseldorfer Gaslicht“. In den Jahren 2018 und 2019 folgte ein intensiver Bürgerdialog, bei dem alle Aspekte der Gasbeleuchtung ausgiebig diskutiert wurden. Nachdem durch Beschlussfassung des Düsseldorfer Stadtrates im Mai 2020 zunächst die langfristige Erhaltung der Mehrzahl der Gaslaternen gesichert schien, wurde dies nun im Jahr 2023 wieder infrage gestellt; der Bestand soll demnach aktuell bis auf einen musealen Rest im Hofgarten (ca. 200 Stück) durch LED-betriebene Nachbauten ersetzt werden.

Ende Oktober 2024 wurde nun bekannt, dass ein Antrag der Stadt zur Elektrifizierung von einem Drittel der Gaslaternen durch die Denkmalfachbehörde, das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR), abgelehnt wurde, da die Umstellung zu einem Verlust des Denkmalwertes führen würde. Die abschließende Entscheidung liegt nun beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes und kann bereits in Kürze erfolgen.

Hier bleiben Sie auf dem Laufenden: Neues vom Düsseldorfer Gaslicht

Zum Wert der Düsseldorfer Gasbeleuchtung

Aufsatzleuchte, Foto: Thomas Schmitz

Die Stadt Düsseldorf nutzt für die öffentliche Straßenbeleuchtung heute noch ca. 13.800 historische gasbetriebene Straßen­laternen (Stand: Anfang 2023), die sich in charakteristischen Ensembles bemerkenswerter Größe, Qualität und Dichte erhalten haben. In einem aufwendigen Verfahren wurde jede einzelne Gaslaterne im Stadt­gebiet registriert und bewertet. Von den im Jahr 2020 im Stadtgebiet noch vorhan­denen 14.322 Gasleuchten wurden 13.984 unter Denkmalschutz gestellt.

Die Gas­laternen sind eng mit der Stadtentwicklung Düsseldorfs verbunden. Die Gebrüder Mannesmann sorgten mit ihrer Weiterentwicklung der Gasbeleuchtung (hängendes Gaslicht, nahtlose Mannesmann-Röhren) überhaupt erst dafür, dass Düsseldorf zu einer Groß -und Industriestadt wurde. Durch die neue Möglichkeit, große Werk­hallen mit Gaslicht zu beleuchten, wurde eine Industrieproduktion im größeren Stil erst machbar. In ihrer Gesamtheit bilden die Gaslaternen daher ein herausragendes Zeugnis für die traditionsreiche, bis in das Jahr 1846 zurück verfolgbare Geschichte der Gasbeleuchtung in Düsseldorf, die technische Evolution und besondere Lichtqualität des Gaslichts, die typologische Vielfalt der Gaslaternen und ihrer Hersteller sowie für die charakteristische Entwicklung des Gasversorgungsnetzes. Die Gasbeleuchtung erstreckt sich über das gesamte heutige Düsseldorfer Stadtgebiet und ist in dieser Ausdehnung und vielfältigen Ausgestaltung heute bundesweit als Besonderheit anzusehen.

Frankfurter Leuchte, Foto: Barbara Schmitz

Der Leuchtenbestand in der Stadt Düsseldorf umfasst heute noch fünf Gasleuchtenmodelle aus verschiedenen Phasen der Entwicklungsgeschichte seit ihrer Einführung in Düsseldorf. Sie sind in unterschiedlichem Umfang und mit einer Vielfalt an Bauteil-Varianten erhalten.

Die „Alt Düsseldorfer Leuchte“ ist das älteste Modell, welches bereits seit den 1860er Jahren vertreten und bis heute in Gebrauch ist. Hiervon existieren noch 3.979 denkmal­werte Exemplare (Stand 09/2020).

Die „Aufsatzleuchte“ ist die in größter Stückzahl in Düsseldorf vertretene Gaslaterne. Von ihr haben sich insgesamt 5.923 denkmalwerte Exemplare (Stand 09/2020) erhalten. Hier­bei handelt es sich um die moderne Weiterentwicklung des historischen Leuchtenkopfes, der ab 1900 von der Firma Rech hergestellt wurde.

Von der „Ansatzleuchte“ existieren heute noch 2.013 denkmalwerte Exemplare (Stand 09/2020). Diese wurde in den 1920er Jahren aus der Aufsatzleuchte entwickelt und er­füllte durch die Montage an Bogenmasten oder Wandauslegern besser den Bedarf der Aus­leuchtung der Fahrbahn, welche durch die zunehmende Motorisierung zu dieser Zeit immer wichtiger wurde.

Die „Aufsatzleuchte Modell ‚Frankfurt‘“ ist seit dem Jahr 1953 auf dem Markt und wurde von der Firma Rechlaternen GmbH hergestellt. Aufgrund ihrer Form werden diese Gaslaternen auch als „Pilz-Gasleuchten“ bezeichnet. Von ihnen sind nur 246 denkmalwerte Exemplare erhalten (Stand 09/2020).

Reihenleuchte, Foto: Thomas Schmitz

Den chronologischen Abschluss des Gaslaternenbestandes bildet die „Reihenleuchte Modell ‚L 56‘“, von der sich 1.717 denkmalwerte Exemplare erhalten haben (Stand 09/2020). Die Reihenleuchte wurde ab 1956 hergestellt und von der Firma Gebrüder Schneider aus Hamm bezogen. Die Leuchten sorgen für eine flächige Ausleuchtung der Fahrbahn und kamen daher speziell in verkehrsreichen Zonen und breiten Straßen zum Einsatz.

 

Beschluss zum Erhalt im Jahr 2020

Im Ergebnis eines bereits seit 2009 anhaltenden außergewöhnlichen Engagements der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger für dieses technische Kulturdenkmal wurde im Mai 2020 mit überwältigender Mehrheit der Beschluss für die langfristige Erhaltung von rund 9.850 Gaslaternen durch den Düsseldorfer Stadtrat gefasst.

Die Stadtwerke Düsseldorf haben daraufhin die Kapazitäten geschaffen, möglichst viele Teile aufzuarbeiten und wieder­zu­ver­wenden. Außerdem arbeiten sie eng mit Lieferfirmen zusammen, um gegebenenfalls benötigte Teile auch in Kleinserien her­stellen zu lassen. In der Gaslichtwerkstatt werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im speziellen Umgang mit der Gaslicht­technologie geschult. Diese Werkstatt arbeitet in der Tradition einer Bauhütte, wie sie auch andernorts zum Erhalt unseres Kulturerbes betrieben werden.

 

Kehrtwende im Jahr 2023

Cheruskuerstraße, Foto: Initiative Düsseldorfer Gaslicht

Trotz gegenteiliger Aussagen von Oberbürgermeister Dr. Stefan Keller vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister im Herbst 2020, nahmen Stadtverwaltung und Stadtrat den Ukraine-Krieg zum Anlass, den gefundenen Kompromiss wieder in Frage zu stellen. Am 7. September 2023 wurde dann mehrheitlich beschlossen, die Düsseldorfer Gasbeleuchtung bis auf einen kleinen musealen Rest umzurüsten bzw. nachzubauen. Nur noch rund 220 Leuchten im Hofgarten sollen demnach erhalten bleiben. Im übrigen Stadtgebiet würden mit LED betriebene Leuchten aufgebaut, die zwar Gaslaternen ähnlich sähen, aber substantiell mit dem technischen Denkmal kaum noch etwas gemein hätten.

Ausgangspunkt war eine Informationsvorlage der Stadtverwaltung, Amt für Verkehrsmanagement, die drei Szenarien für den weiteren Umgang mit der Gasbeleuchtung darstellte (OVA/074/2023). Argumentiert wurde hier mit den seit dem Beschlussjahr 2020 veränderten Rahmenbedingungen (Energieknappheit und Preissteigerung) und den Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt. Aus Sicht der Stadtverwaltung ergaben sich nach Untersuchung die folgenden Szenarien:

  1. Erhalt gemäß Masterplan OVA/011/2020 von ca. 9.850 Gaslichtpunkten,
  2. Erhalt in besonderen Quartieren von ca. 4.550 Gaslichtpunkten,
  3. Manufaktur mit einem Erhalt von < 1.000 Gaslichtpunkten.

Ausschnitt aus dem Geoportal Düsseldorfer mit der Kartierung öffentlicher Gasbeleuchtung, Stand: 5. Mai 2024

„Ein Szenario, welches den kompletten Rückbau aller Gaslichtpunkte betrachtet ist nicht Bestandteil dieser Vorlage. Dies ge­schieht unter Wertschätzung für das technische und kulturelle Denkmal „Gaslaternen“, mit dem sich viele Düsseldorfer Bürger verbunden fühlen.“ Und weiter „Das wertvolle Kulturgut ‚Gas­laterne‘ soll im Stadt­gebiet weiter­hin sichtbar sein und die Wirkung und Atmosphäre des Gas­lichtes, auch vor dem kultur­historischen Hintergrund an ausgewählten Orten in der Landeshauptstadt Düsseldorf entfalten.“ (siehe OVA/074/2023)

Flankiert wurde diese Vorlage durch den Antrag der Ratsfraktionen Die PARTEI-Klima-Fraktion und der SPD (RAT/244/2023), der die Verwaltung mit der Erar­beitung eines neuen Planes beauftragte mit dem Ziel, „eine effiziente Beleuchtung voll­ständig auf Basis moderner Licht­technik, das heißt LED-Leuchten, ergänzt ggf. mit Gas­ent­ladungs­leuchten“ herzustellen. Aus Sicht dieses Antrages stellt die Verwendung von Gas für die Straßen­­be­leuch­tung eine Verschwendung dar, die nicht mit den Klimazielen der Stadt vereinbar sei.

Ein gemeinsamer Änderungsantrag der Ratsfraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die PARTEI-Klima-Fraktion (RAT/341/2023) schlägt weiterhin die „Umstellung aller vorhandenen Gaslichtpunkte auf energieeffizienten Strombetrieb“ und den „dauerhafte[n] Erhalt der Gaslichtpunkte im Hofgarten im Rahmen des Gartendenkmals“ sowie die „Bewahrung des charak­te­ris­tischen Stadtbildes sowie der Modellvielfalt der Sonderleuchtenkörper durch Um- oder Nachbau sowie die ausschließliche Verwendung von warmweißem Licht (bis 3.000 Kelvin)“ vor und wird mehrheitlich beschlossen.

Oberkassel, Foto: Initiative Düsseldorfer Gaslicht

Letztendlich beauftragte der Stadtrat in seiner Sitzung vom 14. Dezember 2023 die Stadt­verwaltung mit der Erarbeitung von „Leit­linien zur Umrüstung der bestehenden Gaslaternen auf energie­effizienten und nachhaltigen Strom­betrieb“.1 Dieser Be­schluss wurde gefasst, obwohl sich die Gaspreise inzwischen wieder normalisiert haben und die Gaslaternen mit 0,25 Prozent nur einen verschwindend geringen Anteil am CO₂-Ausstoß der Stadt Düsseldorf haben (siehe auch RAT/349/2023). Der Denkmal­schutz spielt in der jetzt vorliegenden weiteren Planung keine Rolle mehr. Offensicht­lich sehen die Verantwortlichen in der Düs­sel­dorfer Stadtverwaltung darin nur ein lästiges Hindernis, das sich leicht überwinden lässt.

Im Frühjahr 2024 ist eine Musterstrecke aufgebaut worden, die deutlich macht, dass die vorge­sehe­nen Leuchten nur tagsüber einen Anklang an die historische Gas­be­leuch­tung vermitteln. Sie sind von der Lichtstimmung her nicht mit den originalen Gas­laternen zu vergleichen. Es handelt sich nicht mehr um Denkmale der Industrie- und Technik­geschichte, sondern um leere Hüllen, bei denen noch nicht einmal das Be­mühen spürbar ist, licht­technisch dem Original nahe zu kommen.

Text: Carolyn Eickelkamp und Lutz Cleffmann
Redaktion: Marie Mamerow

 

Oben: Alt-Düsseldorfer Kandelaber im Stadtteil Oberkassel, Foto: Thomas Schmitz