Haus Baensch in Berlin-Spandau
Haus Baensch in Berlin-Spandau
Höhenweg 9
13595 Berlin
Erbaut: 1934–1935
Geschütztes Baudenkmal: ja
Status: Substanzverlust
In der Nacht vom 25. auf den 26. September 2023 fiel ein bedeutendes Werk von Hans Scharoun den Flammen zum Opfer. Das Obergeschoss des 1934 errichteten Hauses in der Villenkolonie Weinmeisterhöhe in Berlin-Spandau hat dabei starke Schäden davongetragen. Die Denkmalbehörden haben eine schnelle Sicherung des durch Brand und Löschwasser beschädigten Gebäudes mit seiner umfangreichen bauzeitlichen Ausstattung veranlasst. Doch seitdem scheint sich auf der Baustelle nicht viel getan zu haben und das Schicksal eines der herausragendsten Wohnhäuser der 1930er Jahre in Berlin ist immer noch ungewiss.
Unterstützung: KulturerbeNetzBerlin
Das Kleinod
„Der Mond hängt wie ein Kitsch-Lampion am märk‘schen Firmament. Ein Dampfer namens „Pavillon“ kehrt heim vom Wochenend. Ein Chor klingt in die Nacht hinein, da schweigt die Havel stumm.“ So atmosphärisch (be)schreibt Mascha Kaléko in ihrem Lyrischen Stenogrammheft 1933 ihre “Kleine Havel-Ansichtskarte”. Sie lässt uns eintreten in die Welt der beschaulichen Villenkolonie Weinmeisterhöhe in Spandau. Hier auf der Haveldüne am Höhenweg 9 lässt der Jurist Dr. Felix Baensch 1934 von Hans Scharoun ein Wohnhaus bauen, welches auch als seine Kanzleiadresse dient. Von der Flussseite dominiert ein auskragendes Dach über der gestaffelten Kubatur und einer gebogenen Glasfront im Erdgeschoss das Erscheinungsbild. Der etwa 1000 Quadratmeter große Garten wird von Karl Foerster, Hermann Matern und Herta Hammerbacher geplant. Garten und Haus bilden eine Einheit. Böden gehen in Material und Form ineinander über, die Wände schieben sich in den Garten.
Von der Straße kommt das zweigeschossige Gebäude mit versetztem Satteldach recht angepasst und verschlossen daher. Nur die Fassadenöffnungen verweisen darauf, dass die Raumplanung den Entwurfsgedanken bestimmte. Die Räume fächern sich, ausgehend vom runden Essbereich, zum Garten hin auf. Die Stahlkonstruktion ermöglicht große Fensterfronten. Kein Raum gleicht dem anderen. Im Erdgeschoss befinden sich Wohn- und Arbeitsräume sowie eine an den Essbereich angeschlossene Küche, im Obergeschoss waren die Privaträume sowie ein Gästezimmer untergebracht.
Das Haus steht als mittelgroßes, individuell geplantes Einfamilienhaus an diesem Ort seit 1995 unter Denkmalschutz. Seine künstlerische Bedeutung liegt in der Raumentwicklung und Gestaltung, die es über Berlin hinaus als exponierten Vertreter des Neuen Bauens ausweist – so die Denkmalbegründung.
Der Garten
Herta Hammerbacher hatte bereits für das kurz zuvor entworfene Haus Schminke in Löbau gemeinsam mit Hans Scharoun gearbeitet. Über Hammerbacher, die mit Ihrer Bürogemeinschaft den Garten gestalten sollte, kam wohl auch Hans Scharoun an seinen Auftrag.
Gartenwege und Eingangsdiele des Hauses bestanden aus Sandsteinplatten. Eine Steintreppe überwand das Niveaugefälle von der Terrasse zum unteren Garten. Neben den natürlichen vertikalen Flächen wurden horizontale Flächen für die Bepflanzung angelegt. Ein Brunnen, ein Ruheplatz, Weinterrassen sowie zahlreiche Stauden und Gehölze bereicherten den Garten.
Seine gartenkünstlerische Gestaltung und die Einbindung in das Gelände sowie Sichtachsen bis zum Grunewaldturm auf der anderen Havelseite machen den Garten zum Teil der Havellandschaft, wofür auch er Ende der 1990er Jahre in die Denkmalliste aufgenommen wurde.
Die Kontroverse um den Bauherrn
Das Objekt gehörte dem Juristen Dr. Felix Baensch, der als Syndikus der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) tätig war. Seine Kanzlei betrieb er zwischen 1935 und 1937 sowie von 1940 bis 1945 in diesem Wohnhaus. Dazwischen in einem Büro in der Spandauer Altstadt. Er soll der NSDAP angehört haben – die Geschichte ist bisher nicht aufgearbeitet. Die Bedeutung der Architektur und die Anerkennung als Denkmal hängt jedoch nicht von der Integrität des Bauherrn ab.
Der Bestand heute – stark gefährdet
Nachdem die jetzigen Eigentümer das Objekt in den Zehner Jahren des 21. Jahrhunderts erwarben, machten sie bereits 2020 auf sich aufmerksam, als sie einen genehmigten Anbau nicht plangerecht umsetzten und durch die Baustelleneinrichtungen Teile des denkmalgeschützten Gartens zerstörten. Es kam zu einem Baustopp und der Forderung nach Bußgeld-Zahlungen durch das Bezirksamt Spandau. Seither steht der Anbau als Bauruine da. Durch den Brand im September 2023 ist nun auch das Wohnhaus teilweise zerstört. Neben den Brandschäden selbst, sind es die Wasserschäden des Löschvorganges, die schnell beseitigt werden müssen, bevor sie sich ihren Weg durch die Bausubstanz suchen. Wie weit das Konzept einer substanzerhaltenden Wiederherstellung von den Eigentümern überhaupt vorangetrieben wird, bleibt leider fraglich.
Text: Corinna Tell
Redaktion: Marie Mamerow