Forum
Angewandte Künste – Schatzkunst, Interieur und Materielle Kultur

Das Fachforum Angewandte Künste – Schatzkunst, Interieur und Materielle Kultur, das sich während des 34. Deutschen Kunsthistorikertages 2017 in Dresden offiziell konstituierte, soll Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern, aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verwandter Disziplinen eine Plattform für Diskussion und Austausch sowie für gemeinsame Aktivitäten bieten.

Im Rahmen des 33. Kunsthistorikertages 2015 in Mainz lud die Sektion „Schatzkunst und Repräsentation – Der Wert der (angewandten) Künste“ unter der Leitung von Birgitt Borkopp-Restle und Dirk Syndram zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Bewertung der sogenannten angewandten oder dekorativen Künste ein: Seit dem frühen 20. Jahrhundert (genauer: nachdem das Interesse des 19. Jahrhunderts an den kunsthandwerklichen Gattungen abgeebbt war) werden Werke der Goldschmiede­kunst, der textilen Künste oder der Keramik, ebenso wie Möbel, Uhren und Automaten, Waffen und Rüstungen von der kunsthistorischen Forschung nur noch gelegentlich berücksichtigt. In ihren historischen Kontexten, und zwar in der höfischen wie in der bürgerlichen Rezeption, galt ihnen jedoch große Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Untersuchungen, die die situativen und performativen Rahmen berücksichtigen, für die solche Objekte zunächst intendiert waren und in denen sie wirksam wurden, gelangen deshalb auch zu differenzierteren als den konventionellen Bewertungen; die Vorträge der Sektion stellten dies eindrucksvoll unter Beweis.

Das große Interesse, das die Sektion bei den Teilnehmer/-innen des Kunsthistori­ker­tages fand, aber auch die Tatsache, dass hier Fragen zur Geschichte, der besonderen Bedeutung, und vor allem zu den Anforderungen an Methoden zur Erforschung der angewandten Künste nur ansatzweise behandelt werden konnten, hat die Initiatoren dazu bewogen, im Format eines Fachforums nach neuen Möglichkeiten der Vernetzung und des wissenschaftlichen Austauschs zu suchen. Dazu soll eine Serie von Tagungen neue Perspektiven eröffnen: Die Untersuchung von Objekten, die wertvolle Materialien (Edelmetalle, Elfenbein, kostbare Steine, Glas, Porzellan …) in Szene setzen, diese aber auch nicht selten auf kunstvolle Weise imitieren oder andererseits überspielen, kann zweifellos aktuellen Forschungsdiskursen zum Thema „Materialität“ wertvolle Impulse geben. Gegenstände, deren Herstellung arbeitsteilige Prozesse involviert, für die eine simple Dichotomie von Entwurf und Ausführung zu kurz greift, weil auf jeder Ebene wesentliche, nämlich Form und Dekor bestimmende Entscheidungen getroffen werden, verlangen nach differenzierten Vorstellungen von „Autorschaft“, nicht zuletzt wenn Auftraggeber und Besitzer nicht allein bei der Konzeption eines Werks, sondern auch noch bei seiner Einbindung in größere situative Kontexte eine aktive Rolle spielen.

Eine eigene Diskussion sollte der Terminologie gelten: Es scheint, dass das Unbehagen, das die Bezeichnungen „angewandte Künste“ und „dekorative Künste“ gelegentlich hervorrufen, auch auf die Frage zurückzuführen ist, wie man Künsten kategorial gerecht wird, die manchmal eine praktische Funktion haben, oft aber auch nicht, die zweifellos häufig dekorativ sind, oft aber auch Bildträger oder Bildmedien. „Kunsthandwerk“ und „Kunstgewerbe“ werden seit dem 19. Jahrhundert diskutiert. Der Begriff der „Schatzkunst“ ist für die sakrale Kunst des Mittelalters seit langem etabliert; für die höfische Kunst der Frühen Neuzeit wurde er mit Gewinn adaptiert. Das Interieur mit seinen mehr oder weniger mobilen Elementen wird nach einem eigenen terminologischen Zugriff verlangen.

Die Diskussion der Begriffe führt schließlich auch auf wissenschaftshistorisches Terrain: Eine neue Forschung zu den sogenannten angewandten Künsten ist geeignet, auch grundsätzlich Kategorisierungen und Wertsetzungen in kunsthistorischen Diskursen zu beleuchten; gefordert ist ein methodisch reflektierter Zugriff, der die Hierarchisierungen des 19. und 20. Jahrhunderts überwindet.

Das Fachforum zielt auf

  • die Vernetzung von Kunsthistoriker/-innen an Sammlungen und Universitäten, die in den Forschungsfeldern Angewandte Künste, Objektkulturen in der höfischen und der bürgerlichen Repräsentation, Interieur, Materialität und Handwerklichkeit, Materielle Kultur arbeiten,
  • die interdisziplinäre Diskussion von Methoden und Forschungsfragen,
  • die Organisation und Unterstützung von Konferenzen, Workshops und Exkursionen zu einschlägigen Themen,
  • die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in diesem Feld.

Bisherige Tagungen des Fachforums

Dortmund, 3.–5. Dezember 2020
Diskursfeld Angewandte Künste III: Angewandte Künste verorten

Call for Papers (64 KB)

Bern (CH), 28.–30. November 2019
Diskursfeld Angewandte Künste II: Das Problem der Autorschaft

Programm (73 KB)

Dresden, 8.–10. November 2018
Diskursfeld Angewandte Künste I: Werte und Bewertungen

Programm (122 KB)