Rundbrief des Ersten Vorsitzenden
Bonn, den 16.12.2019
Sehr geehrte, liebe Mitglieder,
die tagtäglich und mit scheinbar immer größer werdender Vehemenz auf uns einströmenden Ereignisse aus Politik und Gesellschaft lassen den Bereich der Kunstgeschichte fast wie einen Exotismus besonderer Art erscheinen. Doch dieses Bild trügt. Denn unser Fach führt keinesfalls ein Nischendasein, sondern ist vielmehr von zahlreichen Änderungen wie dem Klimawandel oder der Globalisierung zumindest mittelbar betroffen: Die Debatte um energetische Gebäudesanierung tangiert den Denkmalschutz, die überall geforderte Digitalisierung das wissenschaftliche Arbeiten und Publizieren. Letztlich sind auch die Migrationsströme weltweit dafür verantwortlich, dass wir uns verstärkt um den Kern dessen Gedanken machen, was unseren zumeist immer noch an europäischen Beispielen geschulten Kunstbegriff ausmacht, was wir unter einem „kulturellen Erbe“ heute überhaupt noch verstehen und was wir ganz allgemein mit den von unserem Fach beforschten Objekten anfangen wollen, seien es Gemälde, Statuen, Gebäude oder Gegenstände des Kunsthandwerks.
Genau hierauf hat der zurückliegende Kunsthistorikertag Antworten zu finden gesucht, der unter dem Motto „Zu den Dingen!“ im März 2019 in Göttingen stattfand und zu unserer großen Freude überaus gut besucht war. Der Eröffnungsabend mit einem Vortrag von Hartmut Dorgerloh war dabei ein ebenso großer Erfolg wie das #arthistoCamp am Vortag des Kongresses. Auch der neu eingeführte Salon, der zum „Treffen und Parlieren“ mit Vertreterinnen und Vertretern der Fachforen einlud, erfuhr breite Resonanz. Die Sektionen und Foren, aber auch die Exkursionen und das Abendprogramm ergaben viele Möglichkeiten des gegenseitigen fachlichen Austauschs und der lebendigen Diskussion. Allen Mitwirkenden sei noch einmal herzlich gedankt, insbesondere den Gastgebern in Göttingen und den zahlreichen studentischen Helferinnen und Helfern. Wer sich im Nachgang über den Kongress in Göttingen informieren möchte, dem empfehlen wir die Berichte auf https://kunsthistorikertag.de.
Besonders erfreulich ist für uns auch die in Göttingen erfolgte Wahl von Dr. Ruth Heftrig in den Vorstand als Repräsentantin der Berufsgruppe Freie Berufe. Damit wurde eine überaus profilierte Kollegin gewonnen, die seit dem Frühjahr diesen besonders wichtigen Bereich engagiert für uns vertritt.
Mit großer Freude möchten wir Ihnen unsere neue Website vorstellen, die seit dem 9. Dezember online ist. Sie wurde von Marcello Gaeta und Cornelia Kirschbaum aus der Geschäftsstelle in umfangreicher Arbeit und mit großem Engagement konzipiert, gestaltet und umgesetzt. Wir sind der festen Überzeugung, dass damit das Erscheinungsbild des Verbandes zukunftsfähig gestaltet ist und eine attraktive Plattform mit vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung steht.
Alle freiberuflich tätigen Mitglieder sind herzlich eingeladen, sich auf der Website in das völlig überarbeitete Branchenbuch einzutragen (https://kunstgeschichte.org/branchenbuch-eintrag).
Unter den vielen Neuerungen unseres Online-Auftritts möchten wir zudem besonders auf die Rote Liste hinweisen: Das Denkmalgewissen für Deutschland soll künftig öffentlichkeitswirksam und überregional auf gefährdete Baudenkmale aufmerksam machen, die vom Abriss oder sonstigen gravierenden Veränderungen bedroht sind. Wir halten diese gezielten Hinweise auf einzelne Beispiele für ein probates Mittel, der durch viele Faktoren – etwa dem Stellenabbau in den Denkmalämtern oder den unverhältnismäßigen Eingriffen von Investoren – bedrohten Denkmalsubstanz in Deutschland eine möglichst breite Aufmerksamkeit zu geben. Hier sind wir auf Ihre Mitarbeit und Ihr Engagement angewiesen: Die Redaktion der Roten Liste nimmt gerne weitere Beispiele entgegen. Über die Aufnahme berät ein Team, welches von Iris Wenderholm und Martin Bredenbeck koordiniert wird.
Der Verband hat sich im zurückliegenden Jahr auch in vielen anderen Bereichen engagiert. Zunächst sei auf unsere Stellungnahme zur Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt verwiesen (http://bit.ly/eu-richtlinie). Weiterhin haben wir im September mit einem Schreiben an den Bundesfinanzminister die Initiative von sechs Denkmalschutz-Organisationen unterstützt, Einfluss auf die Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts zu nehmen. Der auf Initiative von Johannes Grave gegründete Ausschuss Bildrechte lässt seit dem Herbst eine umfangreiche Handreichung für den Umgang mit Bildrechten erarbeiten, die nach Fertigstellung auf unserer Website zur Verfügung stehen wird. Schließlich ist zu vermelden, dass im Oktober nach langer Vorbereitung der Antrag für das Konsortium NFDI4Culture bei der DFG eingereicht werden konnte. Der Verband ist bei diesem Zusammenschluss geisteswissenschaftlicher Disziplinen für den Aufbau einer Infrastruktur von Forschungsdaten zu materiellen und immateriellen Kulturgütern nach wie vor aktiv beteiligt (https://nfdi4culture.de).
Nach dem Kongress ist vor dem Kongress. So haben sich in Göttingen unsere Mitglieder entschieden, für den nächsten Kunsthistorikertag der Einladung von Daniela Bohde und Kerstin Thomas nach Stuttgart zu folgen. Gemeinsam werden wir mit weiteren Kolleginnen und Kollegen vor Ort den nächsten Kunsthistorikertag im März 2021 unter dem bewusst mehrdeutigen Motto „FORM FRAGEN“ ausrichten. Die öffentliche Ausschreibung von vier Sektionsleitungen ist seit kurzem abgeschlossen, der Call for Papers steht im Frühjahr 2020 an. Als wichtige Neuerung für den Kongress in Stuttgart ist geplant, dass wir erstmals den kunsthistorischen Verband eines Gastlandes einladen und diesen eine eigene Sektion gestalten lassen werden.
Zuletzt möchte ich auf ein weiteres Anliegen besonders hinweisen. Seit Gründung und Verabschiedung der ersten Satzung im Jahr 1948 trägt unser Verein den Namen „Verband Deutscher Kunsthistoriker“. Der Vorstand hat die Frage der Namensgebung bereits seit längerem im Blick und darüber mehrfach sehr intensiv diskutiert. Auch auf der Mitgliederversammlung in Göttingen wurde eine eventuelle Änderung des Namens thematisiert. Für die Umsetzung einer Namensänderung wären allerdings verschiedene formale Schritte erforderlich. Vereinsrechtlich stellt eine Namensänderung eine Satzungsänderung der Vereinssatzung dar, die nur von der Mitgliederversammlung verbindlich beschlossen werden kann. Daher können wir über eine Namensbeibehaltung oder -änderung frühestens auf der nächsten Mitgliederversammlung im März 2021 in Stuttgart gemeinsam abstimmen und entscheiden. Wir möchten jedoch mit Hilfe einer Mitgliederbefragung vorab ein Meinungsbild zum Thema erhalten. Die Umfrage steht online zur Verfügung unter http://umfrage.kunsthistoriker.org. Wir bitten unbedingt um Ihre Teilnahme, die noch bis 24. Januar 2020 möglich ist. Bitte halten Sie dafür Ihre Mitgliedsnummer bereit.
Sollten Sie im Oktober unsere E-Mail mit dem Hinweis auf die Umfrage nicht erhalten haben, liegt uns Ihre aktuelle E-Mail-Adresse nicht vor. In diesem Fall bitten wir um eine Rückmeldung an die Geschäftsstelle ().
Mit allen guten Wünschen für Weihnachten und das neue Jahr im Namen des gesamten Vorstandes und der Geschäftsstelle in Bonn
Ihr
Prof. Dr. Kilian Heck