28.12.2020
Dr. Matthias Exner
* 5. Juni 1957 † 21. Dezember 2020
Matthias Exner vertrat von 2009 bis 2017 die Berufsgruppe Denkmalpflege im Vorstand des Verbandes. Zu jeder Sitzung bestens vorbereitet, prägte er mit seinem von großer Sachkenntnis und Erfahrung getragenen Rat die Vorstandsarbeit und die Programmatik der Kunsthistorikertage wesentlich. Er hat wichtige Initiativen und Resolutionen auf den Weg gebracht: zur Novellierung der Denkmalschutzgesetze in Sachsen (2010), in Schleswig Holstein (2011) und Hessen (2016), zur energetischen Sanierung von Baudenkmälern (2011), zur Beachtung der Denkmalwerte in der Landschaft bei der Errichtung neuer Photovoltaik- und Windkraftanlagen („Greifswalder Appell“ 2013), zu gefährdeten Denkmalen wie dem Stuttgarter Hauptbahnhof (2010), der Würzburger Mozartschule (2011), dem Mainzer Rathaus (2015), um nur einiges zu nennen. Von 2009 an war er ständiger Vertreter des Verbandes im Nationalkomitee für Denkmalschutz, wo er u. a. an zahlreichen Positionspapieren und an der Umsetzung des ECHY (European Cultural Heritage Year) 2018 mitwirkte. Auf den Kunsthistorikertagen in Regensburg (2007), Würzburg (2011) und Dresden (2017) leitete er Sektionen, die seine Arbeitsfelder ebenso reflektierten wie seine gesellschaftlichen Anliegen: Mittelalterliche Wandmalerei im Spiegel staatlicher Denkmalpflege; Dekorationssysteme für repräsentative Profanräume im Mittelalter. Kontexte – Bildformen – Traditionslinien; Ein Zuhause in der Fremde. Architektur von Einwanderern zwischen 1600 und heute.
Denkmalpfleger und Denkmalforscher von Leidenschaft und höchster Fachkenntnis, Schärfe des methodischen Bewusstseins und Gewissens, lebte Exner ein anspruchsvolles Berufs- und Arbeitsethos, eine beispielhafte Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement. Seit seiner Münchner Dissertation über die Ausmalung der Krypta von St. Maximin in Trier (1986, gedruckt 1989) erwarb er sich als Spezialist auf dem Gebiet der frühmittelalterlichen Wandmalerei und Stuckausstattung internationales Ansehen; die hierzu unverzichtbare komplementäre Kompetenz im Feld der Buchmalerei prägte er unter den Fittichen von Florentine Mütherich als Mitarbeiter (1985–1990) an dem von Wilhelm Köhler begründeten Corpus der karolingischen Miniaturen aus, dessen letzte Bände er noch bis 2013 als Redakteur mitbetreute. Dass es ihm gelang, dieses Forschungsfeld neben dem fordernden Tagesgeschäft im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege – dort wirkte er lange Jahre als Gebietsreferent für Nürnberg, bis er 2008 die Leitung des Referates Kunstdenkmäler und Welterbestätten übernahm – immer wieder durch gewichtige Publikationen zu bestellen und zu bereichern, wirft auch ein Licht auf das Arbeitspensum, das er sich abzuverlangen pflegte. Nicht weniger rege war seine Publikations- und Rezensententätigkeit als Denkmalpfleger, meist grundsätzliche Fragen der Erhaltung und der Nachhaltigkeit in wichtigen ICOMOS-Symposien betreffend. Als Lehrbeauftragter an der LMU bedeutete es ihm viel, Studierende für die Anliegen der Denkmalpflege zu sensibilisieren.
Im Zentrum seiner Aufgaben stand ab 2008 die Fortführung der maßstabsetzend von Tilmann Breuer begonnenen, der Stadt Bamberg gewidmeten Inventare in der Reihe der Kunstdenkmäler von Bayern; 2015 erschienen als Gemeinschaftswerk von nicht weniger als 12 Autoren die beiden monumentalen Bände zum Domstift, die nicht zuletzt der Koordinationsleistung des Herausgebers ein überaus eindrucksvolles Zeugnis ausstellen. Die Vollendung der den Residenzen und Kurien auf dem Bamberger Domberg gewidmeten Bände war ihm nicht mehr vergönnt. Seit über einem Jahrzehnt musste Matthias Exner einer unbesiegbaren Krankheit seine Lebens- und Arbeitszeit abringen; wie bewundernswert ihm das gegen immer neue Rückschläge gelang, und wie ihn seine Gegenstände trugen, konnte man noch Anfang Oktober im Bamberger Diözesanmuseum vor der Stiftungsinschrift der Thomaskapelle (1020) der Alten Hofhaltung erleben. Gegen eine Corona-Infektion reichten zuletzt die geschwächten Kräfte nicht mehr aus.
Matthias Exner war ein Mann der festen Grundsätze und klaren Rede, von hoher Arbeitsleidenschaft, Disziplin und eiserner Willenskraft, von weltläufiger Münchner Noblesse und Liebenswürdigkeit. Ehrenvolle Ansinnen, München beruflich zu verlassen, lehnte er ab, gewiss nicht zuletzt auch wegen seiner Liebe zur Musik, der Oper zumal, die er mit seinem Partner teilte. Als ich ihn bei unserem Kennenlernen vor beinahe 40 Jahren im Zentralinstitut fragte, ob er denn auch noch woanders studieren wolle, antwortete er mit dem ihm ganz eigenen feinen Lächeln: „mei, wenn man doch schon im Paradies ist …“ Noch länger in seinem Paradies weilen zu dürfen – wie sehr hätten ihm das alle, die ihn kannten, gewünscht.
Georg Satzinger