Die Geschichte der mittelalterlichen Architektur ist reich an komplexen Bauaufgaben, die unvollendet geblieben sind und oft zu den kühnsten Unternehmen gehörten. Die Gründe bleiben epochenübergreifend dieselben: Erlahmung des politischen Willens, Tod der Auftraggeber, technische Probleme, Wirtschaftskrisen, Kriege oder Naturkatastrophen. Über die Erforschung dieser Kontexte hinaus, bietet das unvollendete Bauwerk selbst einen komplexen Untersuchungsgegenstand, in dem – gleich einer Momentaufnahme des Bauprozesses – sonst unsichtbare Elemente offengelegt und verfügbar sind. Ein methodisches Problem liegt darin, dass ein unfertiges Gebäude von seiner Entstehungszeit bis heute weitere Veränderungen durchlaufen hat: vom Verfall bis zu Fertigstellungsversuchen in späterer Zeit, von der Wieder- und Umnutzung von Strukturen über ihre Integration ins Stadtbild bis hin zur Musealisierung der Ruine.
Der Call for Papers richtet sich an Forscher*innen aus verschiedenen Feldern, um das Phänomen der unvollendeten Bauwerke und Bauruinen des späten Mittelalters (11. bis 14. Jahrhundert) möglichst breit zu diskutieren.