Fischerhaus
Fischerinsel
Südlicher Tollensesee
17033 Neubrandenburg
Erbaut: 1729
Ausführung: Zimmermann Tröger
Geschütztes Baudenkmal: ja, seit 1986
Status: gerettet
Nachdem seit 2018 um die Notsicherung des Fischerhauses gerungen wurde, konnte die Maßnahme nun mit Fördermitteln des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern sowie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unter Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen umgesetzt werden. Vorerst ist der historisch wertvolle Bestand somit gesichert. Zeit zum Ausruhen gibt es dabei dennoch nicht: Die Notsicherung ist auf eine Dauer von 10 Jahren angelegt. Diese Zeit gilt es nun seitens der Beteiligten zu nutzen, um eine langfristige Erhaltungsstrategie für das Objekt zu erarbeiten.
Unterstützer: Helen Andrews (Masterarbeit und Einreichung), StadtBild e. V. Neustrelitz, Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (als Fördermittelgeber)
Die Insel im südlichen Bereich des Tollensesees in Mecklenburg-Vorpommern kann bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken, das denkmalgeschützte Fischerhaus erzählt hiervon nur den heute noch sichtbaren letzten Abschnitt der Behausung der Fischer seit dem 18. Jahrhundert. Neben der authentischen Erfahrbarkeit der geschichtlichen Entwicklung dieser Region spielt jedoch auch der Naturschutz eine gewichtige Rolle. Wenn für das seit mehr als 20 Jahren leerstehende Gebäude eine langfristige Erhaltungsperspektive entwickelt werden soll, gilt es einen Kompromiss zu suchen, der sicherlich nur mit gegenseitigem Verständnis und konstruktivem Dialog sowie einem verantwortungsbewussten Eigentümer zu finden sein wird.
Dem Ratsprotokoll der Stadt Neubrandenburg aus dem Jahr 1729 ist der Vorschlag zu entnehmen, ein neues Haus auf der im südlichen Tollensesee gelegenen Fischerinsel zu errichten. Der Bau wird beschlossen und durch Zimmermann Tröger ausgeführt, der laut Protokoll bereits wenig später um die Bezahlung und das beim Vertragsabschluss in Aussicht gestellte Freibier bittet.
Die bereits im 7. Jahrhundert entstandene slawische Siedlungskammer der Lieps und des südlichen Tollensesees (mit Fischerinsel) kann mit ihrer Lage am Schnittpunkt alter Handelsstraßen durchaus als Vorläufer für die später am Nordufer des Sees angelegte Stadt Neubrandenburg gesehen werden. Einige Archäologen vermuten hier das slawische Heiligtum Rethra, sodass die Insel bereits seit dem 19. Jahrhundert vielfach Ausgangspunkt archäologischer Grabungen war.
Die Fischerei auf dem Tollensesee spielte für die Ernährung der Bevölkerung lange eine entscheidende Rolle, die Insel diente den Fischern noch zu DDR-Zeiten als Unterkunft und Zuflucht. Das zweigeschossige und im Kern barocke Fachwerkgebäude mit Spliesdach weist einen breiten Mittelflur mit gemauerter Herdstelle auf und lässt seiner Struktur nach den Vergleich zu den sogenannten Ernhäusern (mitteldeutsche Querflurhäuser) zu.
Das Gebäude befindet sich bis heute im Besitz der Stadt Neubrandenburg – vermutlich handelt es sich dabei um eines der ältesten durchgängig im kommunalen Besitz befindlichen Wohnhäuser des Landes. Nachdem eine letzte Sicherung im Jahr 2006 im Rahmen einer AB-Maßnahme durchgeführt wurde, ist der Bestand nun, 14 Jahre später, erneut durch den in abgeschiedener Lage begünstigten voranschreitenden Verfall und langen Leerstand akut gefährdet. Aktuell ist die Durchführung einer Notsicherung mit finanzieller Unterstützung des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern geplant.
Aufgrund seiner Entstehungs- und Nutzungsgeschichte ist das Fischerhaus auf besondere Weise und im besonderen Maße mit seiner Umwelt verbunden (Charta von Venedig, Artikel 7), sodass eine von Vertretern des Naturschutzes vorgeschlagene Translozierung aus denkmalpflegerischer Sicht keine annehmbare Alternative darstellt. Vielmehr besteht die Herausforderung nun darin, im konstruktiven Dialog und in Abwägung der naturschutzrechtlichen und denkmalpflegerischen Belange eine langfristige Erhaltungsperspektive (durch Nutzung) für dieses besondere Objekt zu finden. Die u. a. mit dem Förderpreis des Oberbürgermeisters prämierte Arbeit von Helen Andrews bietet dafür eine solide Grundlage. Dass an der Erhaltung ein nachhaltiges Interesse in der Öffentlichkeit besteht, hat neben der zeitweise lebhaften Berichterstattung der Medien nicht zuletzt die sehr gut besuchte und vom StadtBild e.V. Neustrelitz unterstützte „Vorlesung an besonderen Orten“ im September 2019 gezeigt. Es bleibt somit zu hoffen, dass die Notsicherung nur der Auftakt für weitere Erhaltungsmaßnahmen und konstruktive Gespräche mit Beteiligten und Verbänden sein wird.
Text: Kilian Heck
Redaktion: Martin Bredenbeck
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Als einer von insgesamt sechs Fällen wurden die Ausgaben für die Sicherung des Fischerhauses in Neubrandenburg in das aktuelle „Schwarzbuch 2021/2022“ aufgenommen. Dieses „Schwarzbuch“ wird vom
herausgegeben und deckt laut eigenen Angaben die Verschwendung von Steuergeldern auf. In der Begründung heißt es dort resümierend unter dem bereits sprechenden Titel „Denkmal ohne Sinn und Zweck“, dass ein Betreten der Insel aufgrund des Naturschutzes verboten sei und eine Nutzung daher nicht in Aussicht stehe: „Ob die Sanierung des Fischerhauses an diesem unbewohnten und wenig frequentierten Standort sinnvoll ist, ist dabei noch eine andere Frage.“Dass es sich bei dem Fischerhaus um ein Objekt mit vielen Herausforderungen handelt, kann durchaus festgestellt werden. Gerade die heute als problematisch wahrgenommene Lage auf der Fischerinsel bezeugt jedoch auf einzigartige Weise die Nutzungsgeschichte des Fachwerkhauses mit den Wohn- und Arbeitsbedingungen der hier lebenden Fischer. Der Wert eines Denkmals als Primärquelle und Wissensspeicher geht daher weit über den flüchtigen Nutzwert unserer heutigen Konsumgesellschaft hinaus.
Ähnlich stellte bereits das Magazin „Monopol“ im Jahr 2020 am Beispiel des Monheimer Geysirs scheinbar grundsätzliche Vorbehalte des Bundes der Steuerzahler gegen Kulturprojekte fest, da bereits „in den Schwarzbüchern der vergangenen Jahre immer wieder Kunstwerke als Beispiele für Verschwendung aufgelistet worden“. Während Daniel Zimmermann, Bürgermeister der Stadt Monheim, Kulturförderung als kommunale Aufgabe verteidigt, lässt sich im Falle des Denkmalschutzes zusammenfassen, dass dem Eigentümer zusätzlich eine gesetzliche Erhaltungspflicht obliegt, die an dieser Stelle jahrelang aufgeschoben wurde und so eine größere Sicherung unumgänglich machte. Zwar trägt eine Nutzung in der Regel zur langfristigen Erhaltung eines Objektes bei, ein konkreter Anspruch lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Vielmehr gilt es hier in den nun kommenden Jahren einen gemeinsam tragbaren Weg zu finden.
Text: Marie Mamerow