Haus Baensch in Berlin-Spandau

Eintrag veröffentlicht am 28.06.2024

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Haus Baensch in Berlin-Spandau
Höhenweg 9
13595 Berlin

Erbaut: 1934–1935
Geschütztes Baudenkmal: ja

Status: Substanzverlust

In der Nacht vom 25. auf den 26. September 2023 fiel ein bedeutendes Werk von Hans Scharoun den Flammen zum Opfer. Das Obergeschoss des 1934 errichteten Hauses in der Villenkolonie Weinmeisterhöhe in Berlin-Spandau hat dabei starke Schäden davongetragen. Die Denkmalbehörden haben eine schnelle Sicherung des durch Brand und Löschwasser beschädigten Gebäudes mit seiner umfangreichen bauzeitlichen Ausstattung veranlasst. Doch seitdem scheint sich auf der Baustelle nicht viel getan zu haben und das Schicksal eines der herausragendsten Wohnhäuser der 1930er Jahre in Berlin ist immer noch ungewiss.

Unterstützung: KulturerbeNetzBerlin

Das Kleinod

Gebäude von der Flussseite vor dem Brand, Foto: Mila Hacke

„Der Mond hängt wie ein Kitsch-Lampion am märk‘schen Firmament. Ein Dampfer namens „Pavillon“ kehrt heim vom Wochenend. Ein Chor klingt in die Nacht hinein, da schweigt die Havel stumm.“ So atmosphärisch (be)schreibt Mascha Kaléko in ihrem Lyrischen Stenogrammheft 1933 ihre “Kleine Havel-Ansichtskarte”. Sie lässt uns eintreten in die Welt der beschaulichen Villen­kolonie Wein­meisterhöhe in Spandau. Hier auf der Haveldüne am Höhenweg 9 lässt der Jurist Dr. Felix Baensch 1934 von Hans Scharoun ein Wohnhaus bauen, welches auch als seine Kanzlei­adresse dient. Von der Flussseite dominiert ein auskragendes Dach über der gestaf­felten Kubatur und einer gebogenen Glasfront im Erdgeschoss das Erscheinungs­bild. Der etwa 1000 Quadratmeter große Garten wird von Karl Foerster, Hermann Matern und Herta Hammer­bacher geplant. Garten und Haus bilden eine Einheit. Böden gehen in Material und Form ineinander über, die Wände schieben sich in den Garten.

Von der Straße kommt das zweigeschossige Gebäude mit versetztem Satteldach recht angepasst und verschlossen daher. Nur die Fassaden­öffnungen verweisen darauf, dass die Raum­planung den Entwurfsgedanken bestimmte. Die Räume fächern sich, aus­gehend vom runden Essbereich, zum Garten hin auf. Die Stahlkonstruktion ermöglicht große Fensterfronten. Kein Raum gleicht dem anderen. Im Erdgeschoss befinden sich Wohn- und Arbeits­räume sowie eine an den Essbereich angeschlossene Küche, im Ober­geschoss waren die Privat­räume sowie ein Gästezimmer untergebracht.

Das Haus steht als mittelgroßes, individuell geplantes Einfamilienhaus an diesem Ort seit 1995 unter Denkmal­schutz. Seine künstle­rische Bedeu­tung liegt in der Raum­ent­wicklung und Gestaltung, die es über Berlin hinaus als exponierten Vertreter des Neuen Bauens ausweist – so die Denkmal­begründung.

Der Garten
Herta Hammerbacher hatte bereits für das kurz zuvor entworfene Haus Schminke in Löbau gemein­sam mit Hans Scharoun ge­ar­beitet. Über Hammer­bacher, die mit Ihrer Büro­gemein­schaft den Garten gestalten sollte, kam wohl auch Hans Scharoun an seinen Auftrag.

Gartenwege und Eingangs­diele des Hauses bestanden aus Sandstein­platten. Eine Steintreppe überwand das Niveaugefälle von der Terrasse zum unteren Garten. Neben den natür­lichen vertikalen Flächen wurden horizontale Flächen für die Bepflanzung angelegt. Ein Brunnen, ein Ruhe­platz, Wein­terrassen sowie zahlreiche Stauden und Gehölze bereicherten den Garten.

Seine gartenkünstle­ri­sche Gestaltung und die Einbin­dung in das Gelände sowie Sicht­achsen bis zum Grune­wald­turm auf der anderen Havel­seite machen den Garten zum Teil der Havel­land­schaft, wofür auch er Ende der 1990er Jahre in die Denkmal­liste auf­genom­men wurde.

Die Kontroverse um den Bauherrn
Das Objekt gehörte dem Juristen Dr. Felix Baensch, der als Syndikus der Allge­mei­nen Elektricitäts-Gesell­schaft (AEG) tätig war. Seine Kanz­lei betrieb er zwischen 1935 und 1937 sowie von 1940 bis 1945 in diesem Wohn­haus. Dazwischen in einem Büro in der Spandauer Altstadt. Er soll der NSDAP angehört haben – die Geschichte ist bisher nicht auf­ge­ar­beitet. Die Bedeu­tung der Archi­tek­tur und die An­er­ken­nung als Denk­mal hängt jedoch nicht von der Integrität des Bauherrn ab.

Der Bestand heute – stark gefährdet

Nicht fertig gestellte Baustelle der Gebäude­erweiterung, Foto: Mila Hacke

Nachdem die jetzigen Eigentümer das Objekt in den Zehner Jahren des 21. Jahr­hunderts erwarben, machten sie bereits 2020 auf sich aufmerk­sam, als sie einen geneh­mig­ten Anbau nicht plan­gerecht umsetzten und durch die Baustel­len­ein­­rich­tungen Teile des denkmal­ge­schützten Gar­tens zerstörten. Es kam zu einem Bau­stopp und der Forderung nach Bußgeld-Zahlun­gen durch das Bezirks­amt Spandau. Seither steht der Anbau als Bau­ruine da. Durch den Brand im Septem­ber 2023 ist nun auch das Wohn­haus teilweise zerstört. Neben den Brand­schäden selbst, sind es die Wasser­schäden des Lösch­vor­ganges, die schnell be­sei­tigt werden müssen, bevor sie sich ihren Weg durch die Bau­sub­stanz suchen. Wie weit das Konzept einer sub­stanz­­­erhaltenden Wieder­her­stellung von den Eigen­tümern über­haupt voran­­ge­trie­ben wird, bleibt leider fraglich.

Text: Corinna Tell
Redaktion: Marie Mamerow

 

Oben: Haus Baensch, Gebäude von der Flussseite nach dem Brand, Foto: Scharoun-Gesellschaft e.V.

Weiterführende Informationen:

Haus Baensch, Berlin (Scharoun-Gesellschaft e.V.)
Pressemitteilung des Landesdenkmalamtes Berlin (26.09.2023)
Stellungnahme von ICOMOS Deutschland (17.10.2023)
Stellungnahme von Docomomo Deutschland e.V (11.10.2023)
Brand in Haus Baensch (moderneREGIONAL, 01.10.2023)
Jürgen Tietz, Haus sucht Hüter (Marlowes, 08.12.2020)
Ben Buschfeld, Brand im Haus Baensch (KulturerbeNetz.Berlin, 26.09.2023)