Heilig Geist in Penzlin und Maria Rosenkranzkönigin in Burg Stargard
Heilig Geist in Penzlin
Am See 5
17217 Penzlin
Erbaut: 1966–1969 (Kirche); 1970–1972 (Gemeindehaus)
Entwurf: Hans Bartoschek (Kirche)
Geschütztes Baudenkmal: nein
Status: drohende Gefährdung
und
Maria Rosenkranzkönigin
Sabeler Weg 22
17094 Burg Stargard
Erbaut: 1960–1964
Entwurf: Bauingenieur Fiedler, Helmut Borchardt; Horst Elsner (Glockenturm)
Geschütztes Baudenkmal: ja
Status: drohende Gefährdung
Die in der Nachkriegszeit erbauten katholischen Kirchen in Penzlin und Burg Stargard gehören heute zur Pfarrei Sankt Lukas Neubrandenburg. Aufgrund einer angespannten finanziellen Situation und der schrumpfenden Gemeinden vor Ort soll über die weitere Entwicklung der Gebäude nun nachgedacht und ggf. auch eine Veräußerung ins Auge gefasst werden. Neben den dann heimatlosen Gläubigen sehen auch die Kirchengebäude einem ungewissen Schicksal entgegen.
Kirchenschicksale – ein Dauerthema
Die „Kirche im Dorf“, die Kirche im Stadtquartier, an den Hauptplätzen oder als Mittelpunkt einer Siedlung – das ist rein baulich immer noch eine wichtige Konstante. Kirchen und ihre Türme sind oft prägende Teile des Stadtbildes und der Stadtsilhouette, sie stehen für historische Kontinuität und schaffen öffentlichen Raum.
Die gesellschaftliche Rolle der Kirchen hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verändert, die Bindung der Menschen ist gesunken. Die Frage nach der Weiternutzung von Kirchengebäuden, nach ihrer Umnutzung, sogar nach ihrem Abriss, wird schon seit den 1980er Jahren diskutiert und hat in den 2000er Jahren an Bedeutung und Umfang gewonnen. Verständlich ist einerseits, dass sich Gemeinden, Landeskirchen und Bistümer vor dem Hintergrund enormer finanzieller Herausforderungen gerne von Kirchengebäuden trennen wollen. Andererseits bedeutet jeder Totalverlust, dass die Kirchengebäude als Potenzialräume und Möglichkeitsorte aufgegeben werden. Das bedeutet zugleich oft den Verlust von architektonischen und städtebaulichen Qualitäten, von Ausstattungsstücken und Kunstwerken. Kreative und sozial sinnvolle Neunutzungen finden sich längst an vielen Orten und können auch weiter als Vorbild dienen. Die Schaffung einer Leerstelle oder die Neubebauung, z. B. mit Wohnungen, kann deswegen nur die Ultima Ratio sein. Gefordert sind vielmehr neue Träger- und Nutzungsideen für Kirchengebäude, um diese Bauten weiter mit Leben zu füllen.
Penzlin
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden in Penzlin viele Flüchtlinge, z. B. aus der Slowakei, eine neue Heimat. Die katholische Gemeinde kam zunächst in der Synagoge unter. Nachdem diese einem Brand zum Opfer fiel, zog sie zunächst in die sogenannte „Villa Carola“ Am See 5. Der Bau einer neuen Kirche begann dann auf dem rückwärtigen Grundstück unter Initiative von Pfarrer Kurt-Georg Kaczmarczyk im Jahr 1966 nach Entwürfen von Hans Bartoschek aus Neustrelitz. Der Bau der Kirche fand unter schwierigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen statt und hätte ohne die Eigenleistung der Gemeindemitglieder, darunter auch viele Frauen, sowie Unterstützung des Bonifatius-Werkes und Spenden westdeutscher Gemeinden nicht zustande kommen können.
Der unscheinbare Putzbau, der bis 1972 noch um ein kleines Gemeindehaus und Seelsorgerwohnung erweitert wurde, liegt westlich zurückgesetzt hinter der Villa auf abfallendem Gelände und ist daher von der Straße aus kaum wahrnehmbar. Ein ebenfalls geplanter Glockenturm wurde nicht ausgeführt. Betritt man den giebelständigen Bau mit Satteldach, wird man von der vollständig erhaltenen Ausstattung und den vorhandenen Materialqualitäten überrascht: Insbesondere Marmor, Sandstein und Eiche prägen den Raumeindruck mit ihren Oberflächen und Farben. Vervollständigt wird der Kirchenraum durch die künstlerische Ausgestaltung von Horst Elsner aus Neubrandenburg, der bis 2020 als Diakon für Penzlin zuständig war. Zu Elsners Arbeiten gehören das bronzene Altarkreuz und Tabernakel, die zierlichen Bronzereliefs an der Südwand des Saals aus dem Jahr 1979 sowie die farbigen Fenster – allen voran das Heilig-Geist-Fenster im Altarbereich. Der Zugang zur Kirche befindet sich im Nordosten, der Altar liegt gegenüber im Westen. Belichtet wird der Kirchenraum im Osten durch drei schlanke Fenster mit figürlicher Gestaltung, auf Nord- und Südseite durch jeweils zwei liegende rechteckige Fenster und im Südwesten durch das Heilig-Geist-Fenster, welches den Altar somit seitlich belichtet.
Die reduzierte Gestaltung des Kirchenraumes zeugt bis heute von den gestalterischen Möglichkeiten des Baus einer Kirche in Eigenleistung und mit viel Engagement der Beteiligten unter den schwierigen Umständen der DDR-Zeit. Dieser Eindruck scheint sich laut Diakon i. R. Horst Elsner auch auf die Besucherinnen und Besucher zu übertragen: „Neubrandenburger Ausflügler kommen auch gerne hierher zum Gottesdienst. Besucher haben schon Zettel hinterlassen: Ein schöner Kirchenraum, der zu stillem Gebet einlädt.“
Aufgrund der immer kleiner werdenden Gemeinde fand bereits im Jahr 1977 die Eingemeindung in das 16 Kilometer entfernte Neubrandenburg statt.
Burg Stargard
Die katholische Kirche in Burg Stargard befindet sich auf einer Anhöhe am südlichen Ortsausgang in Richtung Sabel und wurde ab 1960 nach Plänen des Bauingenieurs Fiedler aus Halle und Helmut Borchardt aus Burg Stargard auf einem als „Unland“ deklarierten Stück Land errichtet. Ähnlich wie in Penzlin erfolgte der Bau der Kirche weitgehend in Eigenleistung und mit Hilfe des Bonifatius-Werkes. Die Kirchweihe durch Weihbischof Schräder und Pastor Lorz erfolgte 1962, die Fertigstellung des Baus 1964. Der in Burg Stargard ebenfalls errichtete Glockenturm entstand nach Plänen von Horst Elsner (1938–2010), der auch in Penzlin eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Kirche spielte. Im Glockenturm befinden sich vier Glocken der Glockengießerei Mark/Eifel, die Theresia, Franziskus, Maria und Johannes dem Täufer geweiht sind und den Anfang des Wallfahrtsliedes anstimmen. Die angebliche Instabilität des Turmes ist innerhalb der Gemeinde umstritten und statisch bisher nicht untersucht.
Der rechteckige nach Osten orientierte helle Putzbau mit Satteldach liegt auf einer Anhöhe am südlichen Rand einer großen Freifläche, die Gläubigen bei Wallfahrten als Versammlungsort dient. Der schlanke Turm auf ungefähr quadratischem Grundriss ist im Nordosten an die Kirche angesetzt. Das Kircheninnere ist schlicht gehalten und wirkt, trotz ähnlicher Belichtungssituation wie in Penzlin, durch seine Höhe und Ausdehnung geräumiger. Auch hier erfolgt die Belichtung durch die Wand am Eingang, hier allerdings im Westen, um seitlich vom Altar. Die Gestaltung der Fenster ist ebenfalls farbig jedoch rein geometrisch und wesentlich einfacher gehalten als in Penzlin. Die künstlerische Gestaltung geht auch hier auf Horst Elsner zurück. In den 1970er Jahren wurde ein Pfarrhaus mit Seelsorgerwohnung und einigen Gemeinderäumen ergänzt – das Pfarrhaus ist inzwischen verkauft.
Die Kirche Maria Rosenkranzkönigin in Burg Stargard galt lange als die einzige von Rom anerkannte Wallfahrtskirche im bischöflichen Amt Schwerin und wurde zuletzt 2008 saniert.
Zwei katholische Kirchen in der mecklenburgischen Seenplatte vor dem Aus
Die katholischen Kirchen in Penzlin und Burg Stargard dokumentieren heute auf eindrucksvolle Weise die Errichtung neuer Kirchen in den 1960er-Jahren in der DDR in Eigenleistung und mit Unterstützung aus dem Westen. Geplant und realisiert wurden sie von Ingenieuren aus dem Osten bzw. aus der Region. Besonders hervorzuheben ist dabei die künstlerische Qualität der Gestaltung von Horst Elsner, der als Diakon in Penzlin tätig war.
Laut engagierten Mitgliedern der Gemeinde sind die beiden Kirchen jedoch in Gefahr. Aufgrund der schrumpfenden Gemeinden plant die Pfarrei eine Umnutzung bzw. Profanisierung, möglicherweise auch die Veräußerung, der beiden Objekte. Die Kirche in Burg Stargard ist zwar durch ihren Denkmalstatus in gewissem Umfang geschützt. Die Kirche in Penzlin ist bisher jedoch kein Denkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern und Veränderungen oder gar Abbruch aktuell gänzlich ausgeliefert. Darüber hinaus würden die Gemeinden in gewissem Sinne heimatlos werden.
Text: Marie Mamerow
Redaktion: Martin Bredenbeck