Herrenhausruine und Park Lancken
18586 Lancken
Gemeinde Dranske (Insel Rügen)
Erbaut: 1608, überformt um 1680 und im 19. Jahrhundert (Park vermutlich um 1680)
Geschütztes Baudenkmal: ja, seit den 1950er Jahren
Status: akute Gefährdung
Das heutige Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wird auf einzigartige Weise durch seine große Vielzahl und Dichte von Guts- und Herrenhäusern geprägt, die heute oft ungenutzt und ohne Perspektive sind. Die wechselvolle Geschichte der Gutsanlage Lancken auf Dranske bei Wittow ist nur eines von vielen Beispielen, welches jedoch auf eindrückliche Weise die Geschichte des Verfalls zusammenfasst und illustriert. Das Herrenhaus oder besser, das was von ihm geblieben ist, bedarf dringend einer sachgerechten Sicherung.
Der 1314 erstmals erwähnte Ort befand sich von Anfang an im Besitz derer von der Lancken, die ihm auch ihren Namen gaben. Der Landvogt Christoph (IV) von der Lancken hatte 1608 das Gut an seinen heutigen Standort verlegen und neu errichten lassen. Ende des 17. Jahrhunderts saß sein Enkel Jochom Rickman von der Lanken auf Lancken, auf ihn geht die Anlage des Parkes und die Überformung des Herrenhauses zurück. Bis 1878 befand sich der Besitz in der Familie derer von der Lancken, erst dann kam das verschuldete Rittergut Lancken in andere Hände und wurde im Zuge der Bodenreform im Herbst 1945 enteignet. Das Herrenhaus wurde durch Flüchtlinge und Vertriebene belegt, musste aber bereits 1963 wegen seines schlechten Bauzustandes baupolizeilich gesperrt werden.
Im ersten Immobilienkatalog des Landes Mecklenburg-Vorpommern angeboten, flackerten ab 1996 immer wieder Pläne zur Rettung des Herrenhauses auf. Zunächst sollte es der Sitz des „Golf- und Landclubs Wittow“ werden. Daraus wurde nichts, anstelle der 18-Loch-Anlage gibt es heute einen Swingolf-Platz. Im Jahr 2002 gab es dann das Projekt „Wiederaufbau Gutshaus Lancken/Rügen“, innerhalb dessen sogar die Wirtschaftsbauten wiedererrichtet worden und bis 2007 ein 100-Betten-Hotel entstanden wäre. Es folgte eine partielle Sicherung der Ruine, doch danach geschah nichts weiter. Der Berichterstattung von 2005 konnte man dann entnehmen, dass zu diesem Zeitpunkt noch immer die Gemeinde Eigentümer des Herrenhauses war – denn nun bewarb sich eine Stralsunderin um den Erwerb des Hauses und wollte ein feines Haus der Gastlichkeit daraus machen. Wieder fanden sich offenbar keine Investoren und bis 2007 geschah abermals nichts. In jenem Jahr ließ der Projektentwickler auf der Grundlage eines durch eine Arbeitsgemeinschaft von Restauratoren erarbeiteten Konzeptes eine Bausicherung durchführen und den Bewuchs um das Haus entfernen. Doch danach wuchs das Haus wieder ein und der Verfall schritt voran.
Baugeschichte
Das Herrenhaus ist in seinem Kern vermutlich 1608 entstanden. In einem zeitgenössischen Bericht wird im frühen 18. Jahrhundert festgestellt: Der Hr. Joachim Rickmann von der Lancken hat das Hauß zur Lancken kostbar ausbauen lassen, und einen schönen Garten dabey angeleget (Ernst Henrich Wackenroder, 1732). Dieser Umbau soll um 1680 stattgefunden haben. Es wird vermutet, dass wesentliche Teil des großen, kostbaren Hauses aus jener Zeit stammen. Die in der Literatur allgemein angenommene Bauzeit um 1720 scheint zu spät.
Baubestand
Der zweigeschossige, unverputzte Backsteinbau ist in seiner äußeren Gestaltung sehr schlicht. Lediglich das aus der Mittelachse verschobene und wohl nachträglich mit einer rustizierenden Putzrahmung versehene Portal wurde aufwendiger ausgeführt. An der fragmentarisch erhaltenen, durch den schlechten Bauzustand immer weiter reduzierten Ausstattung ließ sich noch lange erkennen, dass das Innere ursprünglich anspruchsvoll gestaltet war.
Die dreiläufige Treppe war schon 1992 weitgehend herausgerissen, aber die bemalten Bohlendecken zeugten noch von der Qualität der bauzeitlichen Eingangshalle. Die verschiedenen Anstriche und Wandbespannungen der einzelnen Räume ließen sich in Resten ebenso nachweisen wie die in ihren Konturen ablesbaren Türrahmungen. In Räumen, deren Decken noch nicht eingebrochen waren, blieben die Stuckaturen des späten 17./frühen 18. Jahrhunderts und einer Umgestaltung um 1800 erhalten. Von den möglicherweise bauzeitlichen Kreuzstockfenstern waren einige Fensterkreuze vorhanden. Ein Teil des Hauses ist mit kreuzgratgewölbten Räumen unterkellert.
Gutspark
Schon im späten 17. Jahrhundert hat es einen Gutsgarten gegeben. Die sich südöstlich an das Herrenhaus anschließende Anlage ist im 19. Jahrhundert erweitert worden. Eine Lindenallee bildet die Mittelachse und betont die Blickbeziehung zwischen Herrenhaus und Wieker Bodden. Etwa in der Mitte des Parks weitet sie sich zu einem Kreis und am Ende umschließt sie einen tiefer liegenden Bereich, der als Belustigungsstätte und auch als Aufbewahrungsort exotischer Bäume gedient haben soll. Begrenzt wird die Anlage an den Längsseiten von wieder instandgesetzten Feldsteinmauern, die außerhalb von einer Reihe mehrhundertjähriger Linden und Ulmen flankiert werden.
Im Park entstand um 1850 ein Eishaus. In der südöstlichen Ecke des Parkes befindet sich eine Grabanlage aus dem Jahr 1925, die ringförmig von acht Linden umsäumt wird.
Perspektive
Das Herrenhaus oder besser, das was von ihm geblieben ist, bedarf dringend einer sachgerechten Sicherung. Für den Park, dem ältesten auf der Insel Rügen und einem der ältesten im gesamten Bundesland, muss ein Parkpflegewerk erstellt und umgesetzt werden.
Das heutige Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wird auf einzigartige Weise durch seine große Vielzahl und Dichte von Guts- und Herrenhäusern geprägt. Wie das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern zusammenfasste, stehen von den einst circa 2.700 Gutsanlagen etwa 1.010 Gutshäuser und Schlösser unter Denkmalschutz. Ungefähr 17 % der denkmalgeschützten Anlagen waren im Jahr 2013 ungenutzt und zu diesem Zeitpunkt ohne Perspektive. Die wechselvolle Geschichte der Gutsanlage Lancken auf Dranske bei Wittow ist dabei nur eines von vielen Beispielen, welches jedoch auf eindrückliche Weise die Geschichte des Verfalls zusammenfasst und illustriert. Viele bisher vorbildlich sanierte Herrenhäuser dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor viele Bemühungen notwendig sind, um die noch vom Verlust bedrohten Gutshäuser und Parkanlagen vor dem Verschwinden zu retten.
Text: Sabine Bock
Redaktion: Marie Mamerow