Schwadorfer Burg (Schallenburg)
An der Schallenburg 1
50321 Brühl
Erbaut: 15. Jahrhundert (Vorburg bestehend aus Bauten des 18. und 19. Jahrhunderts)
Geschütztes Baudenkmal: ja, seit 1986
Status: drohende Gefährdung
Der Wassergraben der Schwadorfer Burg hat nicht nur einen ästhetischen Reiz – das Wasser ist auch funktional bedeutend, diente früher der Verteidigung und erhält als Teil einer baulich-konstruktiv durchdachten Gesamtanlage langfristig die Pfahlgründung. Die Unwetter und daraus resultierende Flutkatastrophe vom Juli 2021 führten jedoch mit Schrecken vor Augen, welche Gefahren von zu viel Wasser ausgehen können. Aufgrund des Klimawandels werden Extremwettereignisse weiter zunehmen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Natur, sondern auch unsere Kulturdenkmale sind von dieser Bedrohung betroffen, wie dieses Objekt stellvertretend für viele weitere Bauten und Baudenkmäler aufzeigt.
Unterstützung: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, DENKmal-bruehl.de
Die Schwadorfer Burg, nach dem Adelsgeschlecht der Schall von Bell auch Schallenburg genannt, ist eine rheinische Wasserburg und zeigt alle charakteristischen Merkmale dieses Bautyps in ihrer doppelten Anlage als Hauptburg mit einem eigenständigen Bereich von Wirtschaftsgebäuden, der sog. Vorburg. Sie verdeutlicht darüber hinaus beispielhaft die Eigenarten dieser „Siedlungsform“. Als Niederungsburg wurde sie in wasserreichem, fast sumpfigem Gebiet errichtet und nutzt zwei vom Vorgebirge kommende Bäche zur Umgrenzung und Markierung ihres Areals an drei Seiten: im Westen den Rheindorfer Bach, im Norden und Osten ab seinem Zusammenschluss mit dem Geildorfer Bach den dann sog. Dickopsbach; er fließt über Wesseling direkt in den Rhein. Die landschaftlichen Voraussetzungen unterstützten so eine isolierte Lage und die politische Sonderstellung der Wasserburgen selbst dort, wo sie – wie in Schwadorf – als Vogthöfe einer Dorfsiedlung zugehörig waren.
In dem wasserreichen, lehmigen Gebiet (die Stadt Brühl trägt es als ihr vormaliges Hauptcharakteristikum im Namen) war und ist zum Teil heute noch eine Pfahlgründung die Voraussetzung für die Errichtung von Gebäuden. Der schwere Steinbau der Hauptburg ist durch einen Verbund von in den Boden gerammten Eichenpfählen ermöglicht, die zur Wahrung ihrer Festigkeit eine Sperre zum Fäulnis verursachenden Sauerstoff benötigen. Die rheinische Wasserburg schafft dies durch stete Umspülung mit Wasser und einen konstanten Wasserpegel in der Gräfte um den Burg- und Vorburgbereich. Das Recht zur Wasserentnahme der Gräfte gehört zur Burganlage und ist für die Schallenburg im Wasserbuch des Rheines dokumentiert. Burg, Vorburg, Gräfte und umgrenzende Bachläufe sind Bestandteile des geschützten Denkmals. Die erhaltene mittelalterliche Ortsanlage von Schwadorf wird als eigener Kulturlandschaftsbereich im Fachbeitrag des Regionalplans aufgeführt; eine landschaftliche Verbindung zum Kulturlandschaftsbereich von Schloss Augustusburg ist gegeben und im Regionalplan sowie im Parkpflegewerk der Welterbestätte ebenfalls vermerkt.
Die weitreichende Versiegelung von Flächen am Vorgebirge und die Eingriffe in die Bachläufe (Verrohrung und die Zuleitung von Oberflächenwasser ohne entsprechende Bereitstellung von Retentionsbecken) haben zu deutlichen Veränderungen in dem vormaligen Wasserhaushalt geführt. Bei dem schweren Unwetter am 14. und 15. Juli 2021 wurde das Burggelände in Gänze und über 24 Stunden lang geflutet; die Hauptburg stand fast bis zum Erdgeschoss im Wasser. Der Keller der Burg war komplett bis 30 cm unter die Gewölbescheitel überflutet. Im gemauerten Kuppelgewölbe des Ostturmes hat dies zu Steinausbrüchen geführt, die eine Notsicherung und nachfolgende Ausbesserung erforderlich machen. Ein um wenige Zentimeter höherer Wasserstand hätte die gesamte Statik des Gebäudes mit den Gewölbekappen und den Holzkonstruktionen der Decken im Erdgeschoss ruiniert. Aufgrund ihrer Anlage als Niederungsburg konnte das Wasser um die Burg nicht abgepumpt werden, sondern musste versickern: Das Burggebäude stand daher 14 Tage lang im Wasser. Der Außenputz sowie in Teilen die Steinverfugung des Mauerverbunds außen und im Inneren des Gebäudes sind nachhaltig geschädigt worden und müssen laut Auskunft des Statikers dringend repariert werden. Im Außenbereich stand der Park mehr als 60 cm unter Wasser. Der dort stehende historische Pumpenturm hat sich so stark geneigt, dass hier ebenfalls eine Notsicherung erforderlich wurde. Ein Baum am Burggraben ist gegen den Westturm gestürzt und hat einen von drei Böschungseinbrüchen an der mittelalterlichen Gräfte verursacht, an anderer Stelle war die Zuwegung betroffen. Auch hier musste notgesichert werden.
Wasserburgen bedürfen einer hydrologischen Äquilibristik: Der Fortbestand der Schwadorfer Burg ist ohne eine regulierte Wasserversorgung existentiell gefährdet. Hierbei ist das Baudenkmal abhängig von den Entscheidungen der Kommune und des Landes, die eine Regulierung des Wasserhaushaltes einseitig mit Ziel der Siedlungsentwicklung betreiben und die vormalige Kulturlandschaft dabei unwiderruflich zerstören. Die Bezirksregierung Köln (Dezernat 54) zeigt die Schallenburg, vormals festgehaltenes Hochwasserrisikogebiet, in einer aktuellen Karte als Überschwemmungsgebiet. Die Hochwasserrisikomanagementplanung NRW des MULNV erklärt, dass mit Überflutungen „bereits ab einem häufigen Hochwasser (HQhäufig)“ (Stand März 2021) zu rechnen ist.
Neben einer in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiteren Verschlechterung der Situation durch häufigere Extremwetterereignisse tragen auch aktuell laufende öffentliche Planungen zu einer Dramatisierung der Lage bei. Den Hochwasserschutz verbindet die Bezirksregierung Köln mit der Vorgabe der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zur Renaturierung der Bäche mit dem Ziel der Verbesserung der Wassergüte und des ökologischen Potentials. Als Umsetzung der vorgeschriebenen Renaturierung favorisieren in Brühl der planende Bachverband und die Kommune eine Verlegung des Dickopsbaches im Schwadorfer Gebiet fernab der Schallenburg: Eine Versiegelung des – für eine Renaturierung nahe des ursprünglichen Verlaufs benötigten – Bereiches ist bereits geplant als BP 05.10 „östlich Lindenstraße / westlich An der Schallenburg.“ Beides, „Renaturierung“ als Bachverlegung und Versiegelung durch Siedlungserschließung, bedeutet die Zerstörung des kulturlandschaftlichen Zusammenhangs. Es bedeutet durch die Abkopplung von den natürlichen Grundlagen dieses Bautyps und dieser „Siedlungsform“ auch die existentielle Gefährdung der Schwadorfer Burg selbst.
Mit den konkreten Auswirkungen auf die Denkmallandschaft, präventiven Maßnahmen und dem Aufbau einer Wissensplattform beschäftigt sich beispielsweise aktuell das Projekt „KERES“ am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW.
Text: Rita Lennartz
Redaktion: Marie Mamerow
Eine ganze Reihe hilfreicher Informationen für Denkmaleigentümer/-innen hält das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR) parat (Stand 10.12.2021).