Stadthaus Mannheim
N1
68161 Mannheim
Erbaut: 1991 (Einweihung)
Entwurf: Carlfried Mutschler, Joachim Langner, Christine Mäurer und Ludwig Schwöbel
Geschütztes Baudenkmal: nein
Status: drohende Gefährdung
Prominent gelegen am Paradeplatz, überführt das Stadthaus Mannheim (Carlfried Mutschler u. a., 1991) prägende Elemente des kriegszerstörten barocken Vorgängerbaus in eine überzeugende postmoderne Gestaltung. Seit Kurzem wird in Stadtöffentlichkeit und Presse laut über den Abriss dieses Mannheimer Wahrzeichens nachgedacht.
Unterstützung: „Best of 90s“ (Initiative des Online-Magazins moderneREGIONAL)
Bis man in Mannheim 1991 das postmoderne Stadthaus einweihen konnte, waren mehrere Vorentwürfe, drei Architektenwettbewerbe und ein Bürgerentscheid notwendig. Der Neubau am zentralen Paradeplatz ersetzte einen barocken Vorgänger, das sog. Alte Kaufhaus (1747) und spätere Rathaus. Nach Kriegsschäden waren zunächst noch der Turm und Arkaden erkennbar, 1965 wurde auch diese Überreste niedergelegt. Im Umfeld des letzten Architektenwettbewerbs wurde in den 1980er Jahren lebhaft über eine Rekonstruktion des Alten Kaufhauses diskutiert. Am Ende realisierte man den Entwurf von Carlfried Mutschler, Joachim Langner, Christine Mäurer und Ludwig Schwöbel.
In einer sensiblen Balance aus Naturstein, Stahl und Glas, aus historischen Formzitaten und modernistischen Elementen schlug das Team um Mutschler eine Brücke aus dem 18. ins 20. Jahrhundert. Vor allem der mittig zum Paradeplatz gewandte Glasturm bezog sich deutlich auf die Fassade des barocken Vorgängers. Der Architekt Carlfried Mutschler (1926–1999) prägte seine Heimatstadt Mannheim über Jahrzehnte mit qualitätvollen Baukunstwerken, von denen sich beispielhaft die Pfingstbergkirche (1963) und die Multihalle (1975, mit Frei Otto) nennen lassen. Hervorzuheben sind auch die architekturbezogenen Kunstwerke (Farbwege, Raumfelder, Bodenbild), mit denen der Bildhauer Otto Herbert Hajek (1927–2005) das Stadthaus Mannheim bis 1991 bereicherte.
Seit 2021 wird über einen möglichen Abriss des Stadthauses nachgedacht. Der „Mannheimer Morgen“ spricht am 5. Februar 2021 von einer „nicht-öffentlichen Vorlage der Verwaltung für den Gemeinderat“, die eine Sanierung als unwirtschaftlich ablehne. Den postmodernen Bau sanierte man zuletzt in den 2000er/2010er Jahren, dabei wurde u. a. die Treppe im Zentrum erneuert. Das Raumprogramm umfasst u. a. die Stadtbibliothek, einen Bürgersaal sowie Flächen für Läden, Gastronomie und Büros. 2016 wurde das in der Spitze des Glasturms untergebrachte Café geschlossen. Im selben Jahr verkaufte die Stadt die Hälfte ihres Gebäudes an die Unternehmensgruppe Diringer & Scheidel. 2023 soll die Stadtbibliothek in einen Neubau umziehen. Bis heute zeigt gerade der Außenbau noch die prägenden postmodernen Gestaltungsmerkmale des Teams um Carlfried Mutschler und trägt die Kunstwerke von Otto Herbert Hajek. Gerade angesichts der gravierenden Verluste unter den Nachkriegsbauten, die aktuell in der Doppelstadt Mannheim-Ludwigshafen zu verzeichnen sind, wäre ein Abriss des Stadthauses nicht hinnehmbar.
Text: Karin Berkemann, „Best of 90s“ (moderneREGIONAL)
Redaktion: Martin Bredenbeck